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Sozialrecht

BSG vom 19.03.2002 B 1 KR 37/00 R

  • Behandlung von multipler Sklerose mit Sandoglobulin
  • Sandoglobulin zugelassen, aber nicht für MS
  • LSG: keine Verordnung zu Lasten der GKV, da keine Zulassung nach AMG
  • Grundsatz: Off-Label-Use zu lasten der GKV ausgeschlossen
  • Darstellung der Probleme bei der Zulassung eines Medikaments - fehlende gesetzliche Regelung für Anwendung außerhalb des Zulassungsbereichs- Compassionate Use
  • "Die aufgezeigten Defizite des Arzneimittelrechts dürfen nicht dazu führen, dass den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung unverzichtbare und erwiesenermaßen wirksame Therapien vorenthalten bleiben, obwohl die betreffenden Medikamente außerhalb der Krankenversicherung in der nicht zugelassenen Indikation verordnet werden und verordnet werden dürfen. Solange diese Defizite bestehen, kann deshalb die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine die Zulassungsgrenzen überschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht gänzlich ausgeschlossen werden. "
  • Differenzierung
    • einerseits: Anwendung eines bereits zugelassenen Medikaments für eine Zulassung, für die keine Zulassung vorliegt
    • andererseits: Anwendung eines nicht zugelassenen Medikaments: Ausgeschlossen, da strafbar (--> 21 AMG)
  • Ausnahme:
    • "Die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt deshalb nur in Betracht, wenn es

      • (1) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn
      • (2) keine andere Therapie verfügbar ist und wenn
      • (3) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann." Dies ist anzunehmen, wenn
        • Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass eine Zulassung auch für die neue Anwendung erfolgen kann, z.B. klinische Prüfung Phase III und Nachweis der Wirksamkeit oder sonstige wissenschaftliche Erkenntnisse
§ 35c SGB V: eingeführt durch GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zum 01.04.2007, geändert durch Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vom 22.12.2010 zum 01.01.2011

Geltende Rechtslage

  • ambulant

    • § 35c Abs. 1 SGB V :"Für die Abgabe von Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis über die Anwendung von zugelassenen Arzneimitteln für Indikationen und Indikationsbereiche, für die sie nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassen sind, beruft das Bundesministerium für Gesundheit Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Bewertungen werden dem Gemeinsamen Bundesausschuss als Empfehlung zur Beschlussfassung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zugeleitet. Bewertungen sollen nur mit Zustimmung der betroffenen pharmazeutischen Unternehmer erstellt werden. Gesonderte Klagen gegen diese Bewertungen sind unzulässig."

    • Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses hier
  • § 35c Abs. 2 SGB V

    • außerhalb des Anwendungsbereichs von Abs. 1 (i.e. in den nicht durch die Richtlinie erfassten Anwendungen für Off-Label-Use)
    • Anspruch der GKV-Patienten auf Versorgung in klinischen Studien , wenn
      • sofern hierdurch eine therapierelevante Verbesserung der Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung im Vergleich zu bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu erwarten ist
      • damit verbundene Mehrkosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten medizinischen Zusatznutzen stehen
      • die Behandlung durch einen Arzt erfolgt, der an der vertragsärztlichen Versorgung oder an der ambulanten Versorgung nach den §§ 116b und 117 teilnimmt,
      • und der Gemeinsame Bundesausschuss der Arzneimittelverordnung nicht widerspricht.
      • Anzeigefrist zehn Wochen vor Beginn der Studie, G-BA kann innerhalb von acht Wochen widersprechen

  • stationär

    • LSG Berlin-Brandenburg: Genehmigungsvorbehalt G-BA gilt nur für ambulanten Bereich, nicht stationär
    • keine Entscheidung des BSG, daher ist Frage nicht definitiv geklärt